Als ich anfing mich mit dem Thema zu beschäftigen, war mir noch gar nicht bewusst, wie intensiv sich mein Leben verändern könnte und wie befreit ich auf einmal wieder zu mir selbst und meinem eigenen Leben sein kann. Ich möchte dich mit dem diesem Blogeintrag nicht kritisieren, sondern vielmehr herausfordern, über dich und dein Nutzungsverhalten von Instagram nachzudenken. Vielleicht wirst du wie ich Befreiung erleben und dich seelisch besser fühlen. Ein leichter Weg? Nope. Denn eins ist mir klargeworden: Ich war Instagram süchtig und wie du dir vorstellen kannst, ist es nie leicht von einer Sucht loszukommen. Aber der Weg hat sich gelohnt und ich wünschte, viele andere Menschen dürfen sich von dieser alltäglichen Sucht befreien.
In den nächsten Abschnitten möchte ich dir erzählen, welche Bereiche sich bei mir im Leben verändert haben und dir Tipps mit auf den Weg geben, wie du den Weg selber gehen könntest.
DEIN ALLTAG UND INSTAGRAM
Fangen wir einmal dort an, wo der Konsum von Instagram wahrscheiblich die meisten Auswirkungen hat. Im Alltag. In der Zeit, in der wir unser Leben leben dürfen. Ein Leben, was uns geschenkt worden ist. Schaue ich auf meine Bildschirmzeit zurück habe ich teilweise mindestens drei Stunde von dieser kostbaren Zeit auf Instagram verbracht. Wurde ich von meinem Mann darauf angesprochen, war es natürlich immer nur die Arbeit als Fotografin, die mich praktisch dazu gezwungen hat, soviel Zeit tag täglich auf dieser App zu verbringen. Mir einzugestehen, dass mich wenig davon in meiner Arbeit als Fotografin wirklich weitergebracht hat, war schwer. Aber weder Influencer, deren Storys ich mir jeden Tag reingezogen habe oder Feature Accounts, auf denen ich nur den geilsten, unwirklichsten Scheiß von anderen Fotografen gesehen, waren förderlich. Zu spannend ist es doch virtuell mitzuerleben, wie eine Influencerin sich ihre Zähne weißer macht oder schon wieder überglücklich in die Kamera strahlt und mir vom neusten Beautyprodukt erzählt oder mir ihre Kinder zeigt, die mehr lernen mit der Kamera zu sprechen, als mit normalen Menschen. Übertreibe ich oder ist es genau so?!
Wie auch immer: Ich habe mich dazu entschieden, die drei Stunden täglich anders und sinnvoller nutzen zu wollen. Denn ich kann nicht behaupten, dass ich mich durch das ständige Konsumieren besser gefühlt habe. Vielmehr war ich frustriert oder enttäuschter und der ständige Vergleich hat mir nicht gut getan. Wie habe ich es nun geschafft, meine Zeit auf Instagram zu minimieren?
Ich weiß nicht, ob du diese tolle Bildschirmkontrolle kennst, die dir nach einem bestimmten Limit anzeigt, dass du für heute dein Tagespensum erreicht hast? Ich habe dieses Limit einfach grundsätzlich missachtet und trotzdem weiter gemacht. Also musste eine neue Lösung her. Ich entschied mich nach langem Zögern, dass ich eine komplette Auszeit brauche. Für mich und für mein Herz. App löschen? Nope. Denn für mich stand von vorn herein fest, dass ich nicht komplett auf die App verzichten möchte, sondern einen nachhaltigen, guten Umgang damit lernen will. Denn durch Instagram habe ich schon tolle Menschen kennenlernen dürfen. Und der Austausch macht mir weiterhin sehr viel Freude.
Was ich als erstes gemacht habe und dir raten kann:
- Gehe noch einmal die Liste von Leuten durch, denen du selbst folgst. Entfolge allen, die du nicht persönlich kennst und deren Leben dich zwar interessiert aber du eigentlich weißt, dass es dich kein Stück weiterbringt.
- Schalte dann ALLE (außer vielleicht sehr gute Freunde und Familienmitglieder) auf stumm. Keine Sorge, dass soll kein Zustand für immer sein, aber für den ersten Schritt ist es wichtig.
Du wirst merken, dass du am Anfang immer wieder aus Reflex die App öffnen wirst. Hier ist aber das Gute, dass du alle auf stumm geschaltet hast und dadurch auf deiner App nicht mehr viel Spannendes passiert und du immer mehr das Interesse daran verlierst.
Bevor mir jetzt alle Fotografen den Kopf abreißen und sagen: Wenn das alle so machen würden, bekommt man keine Unterstützung mehr in Form von Likes und Kommentaren. Richtig erkannt! Und gleichzeitig erschreckend, dass genau dieser Gedanke als Erstes bei dir auftaucht. Eins durfte ich nämlich auch lernen: Ob ein Bild gut oder schlecht ist, den Leuten gefällt oder nicht – hängt NICHT von der Anzahl der Likes und Kommentare ab. Ob du viele Kunden hast oder wenig, viel Geld mit der Fotografie verdienst oder wenig, hängt NICHT von deiner Anzahl von Followern ab. Um „Erfolg“ in der Fotografie zu haben musst du ganz einfach deinen süßen, kleinen Po nach draußen bewegen, Menschen in der Realität treffen, ein reales Netzwerk aufbauen und deine ganz normalen Kunden mit deinem Blickwinkel begeistern. Ein Feature auf einem beliebten Fotografieaccount bringt dich da nicht wirklich weiter. Okay, genug vom Fotografen-Talk und zurück zu einem nächsten Lebensbereich, der sich bei mir verändert hat!
DEIN LEBEN IST WERTVOLL
Der erste Schritt ist getan, auf deinem Feed bei Instagram sieht es ruhiger aus und wenn du dir etwas anschaust, dann sind es nur noch Sachen von Leuten, die du persönlich kennst und die dich wirklich auch interessieren. Du wirst nach einiger Zeit merken, dass du auf einmal viel mehr Zeit im Alltag hast und diese Zeit jetzt füllen darfst. Das Herausfordernde dabei: Deine Zeit wird sich von alleine füllen, wenn du nicht bewusst entscheidest, wie sie sich füllen soll. Letztlich wäre nichts gewonnen, wenn statt Insta, dein Facebook oder YouTube-Konsum steig. Stattdessen setze dich doch einmal hin und überlege, was du gerne machen würdest. Hier ein paar Vorschläge von mir:
- Morgens früh, anstatt durch den Instagramfeed zu scrollen, die Zeitung oder ein Magazin lesen
- Mal wieder etwas Neues Kreatives ausprobieren oder alte kreative Skills auspacken (Malen, Schreiben, Zeichnen, Sticken, Stricken…)
- Einen Spaziergang um den Block machen und dabei die Leute aus deiner Nachbarschaft grüßen oder auch mal beobachten
- Ein Buch lesen
- Den Körper mit Sport auspowern
oder was auch immer dir persönlich Freude macht!
Am Anfang wird es dir vermutlich schwer fallen. Vielleicht wirst du wie ich mit dem Gedanken zu kämpfen haben, dass sich dein eigenes Leben irgendwie öde und langweilig anfühlt. Keine Angst! Diese Gedanken sind ganz normal. Auch wenn es ein paar Tage gibt, an denen du echt schlecht drauf bist – jeder der auf Entzug ist, fühlt sich erstmal beschissen und kann vielleicht auch an nichts anderes denken als zum Beispiels in diesem Fall an das, was andere Menschen wohl gerade so machen.
Du wirst merken, nach einiger Zeit wird sich dein Leben befreiter anfühlen, da du dich viel mehr auf dich und dein reales Leben fokussierst. Bei mir hat es bestimmt anderthalb Monate gedauert bis ich es so Klick gemacht hat.
URLAUB MACHEN OHNE EIN INSTAGRAMFOTO IN DER TASCHE
Diesen Sommer war es soweit. Nach vier Stunden Autofahrt Richtung Provence fiel mir auf, dass wir meine Kamera vergessen haben. Eieiei, ihr könnt euch nicht vorstellen, was Pascal in diesem Moment aushalten durfte. Für mich war es unvorstellbar ohne Kamera in den Urlaub zu fahren. Gerade weil ich doch extra in die Provence zu den Lavendelfeldern fahren wollte, um dort tolle Fotos zu schießen. Aber es gab kein zurück und zwei Wochen Urlaub ohne Kamera standen vor mir. Warum ich dir das erzähle? Gerade wenn du nicht nur Konsument von Instagram bist, sondern gerne dort auch postest und von dir und deinem Leben erzählst, wirst du bestimmt die Situation kennen, dass du nur wegen eines guten Instagramfotos ein extra Kleid mitnimmst und den ganzen Tag immer mal wieder im Kopf durchgehst, wie denn das perfekte Foto in der Abendsonne am Strand (oder sonst wo auf dieser Welt) auszusehen hat. Jetzt hast du deinen Partner dabei und er darf dieses tolle Foto von dir schießen. Er ist total begeistert, freut sich den ganzen Tag schon auf den Abend (Nicht!) und dann kommt ihr in die Situation, wo du einfach nicht zufrieden bist mit dem Bild. Dein Partner wird langsam sauer und irgendwann ist so eine kack Stimmung, dass ihr schweigend nach Hause fahrt. Zu Hause schaust du dir dann nochmal die gefühlt 1000 Bilder von dir an und bemerkst, dass das ein oder andere Bild doch ganz geil aussieht und jetzt kommt’s: Auf Instagram teilst du es und für Instagram und deine Community war es der wunderschönste Abend des ganzen Urlaubs. Es könnte so etwas vermutlich in deiner Caption stehen: „Mit dir genieße ich jeden Sonnenuntergang am Strand!“ oder „Nach einem langen Tag in der Stadt, fuhren wir noch zum Abschluss des Tages an den Strand und genossen den Sonnenuntergang!“ By the way: Ich nehme mal an, dass du nichts vom Sonnenuntergang mitbekommen hast.
Hach, herrlich! Wenn ich das so aufschreibe muss ich an ein paar Momente zurückdenken, wo es bei mir/ uns genauso war. Auch wenn das Foto vielleicht wirklich ziemlich geil aussieht. Der Aufwand für ein paar Likes, war es nicht wert. In unserem persönlichen, gemeinsamen Album wird es auch nicht auftauchen, denn wir wissen ja beide, dass es im wirklichen Leben kein schöner Moment war. Ob es sich gelohnt hat? Ich glaube nicht.
Zurück zu Frankreich. Da saß ich nun ohne Kamera am Zelt. Es war krass, wie oft ich die ersten Tage darüber nachgedacht habe, dass DAS ein tolles Foto für Instagram wäre oder sich die Location wirklich ideal eignen würde! Nach ein paar Tagen habe ich gemerkt, wie krass dämlich es ist, so zu denken und wie befreiend es sein kann, Urlaub ohne Kamera zu machen. Ohne das Gefühl zu haben, jeden Moment einfangen zu müssen. Rückblickend haben wir vielleicht 20 Bilder von dem Urlaub gemacht. Momentaufnahmen, die wirklich aus dem Leben heraus sind – ohne das perfekte Kleid oder das perfekte Make up. Warum ich dir das erzähle?
Wie oft machst du, bevor du isst, noch schnell ein Foto vom Essen, um es zu teilen? Wie oft denkst du in tollen Momenten: „Ohh! Ich muss es noch kurz festhalten“, holst dein Handy raus und machst ein Bild, anstatt es einfach zu genießen? Wie oft hast du unterbewusst das Gefühl, deine Follower jetzt mitnehmen zu müssen?
Du kennst diese Gedanken? Dann fordere ich dich heraus, deine Kamera, dein Handy einfach mal zu Hause zu lassen, wenn du dir für den Tag etwas Besonderes überlegt hast und es einfach mal zu genießen. So lernst du erst wirklich wertzuschätzen und die Momente aufzusaugen.
WOHER HOLE ICH MIR MEINE INSPIRATION
Woher du dir deine Inspiration genau nehmen kannst, kann ich dir nicht sagen, da wir dafür alle zu unterschiedlich sind. Ich weiß aber, dass du sie nicht dadurch bekommst, wenn du dich dauernd mit dem Leben der anderen vergleichst oder nur dir Leute anschaust, die genau dasselbe machen wie du. Das führt schlussendlich nur dazu, dass du mit deinem eigenen Produkt nicht zufrieden bist oder dich mega an deinem Produkt aufgeilst, weil du das andere von einer anderen Person schlechter findest. Beides ist irgendwie nicht geil. Ich habe bei mir gemerkt, dass mich ganz einfache Dinge inspirieren und ich viel aufmerksamer geworden bin, kleine Situation im Alltag wahrzunehmen. Zum Beispiel habe ich vor kurzer Zeit in einem Café auf eine Freundin gewartet und las mir auf einmal das Zitat durch, das hinter mir an der Wand stand. Ich war zutiefst beeindruckt davon und irgendwie total inspiriert und motiviert. Warum ich es vorher nicht gesehen habe? Nun ja, Wartezeiten habe ich oft auf meinem Feed bei Instagram verbracht…
Also Tipp an dich: Lass dein Handy mal zu Hause oder wirklich in der Tasche stecken und nimm die Umgebung und die Stimmung um dich herum war. Du wirst merken, dass du viel fokussierter und aufmerksamer durch den Alltag gehst, als wenn du einen ständigen Begleiter in der Hand mit dabei hast.
WIE GEHT ES NUN WEITER
Fassen wir nochmal kurz unseren aktuellen Stand zusammen:
- Unsere Abonnentenliste hat sich auf ein Minimum reduziert
- Wie betrügen uns nicht selbst und suchen keine Leute auf Instagram um doch zu gucken was sie machen
- Alle Personen außer unserer Familie und wirklich gute Freunde sind auf STUMM geschaltet (Beiträge, wie auch Storys)
- Wir lassen unsere Handy öfters mal aus der Hand und füllen unsere gewonnene Zeit mit anderen Dingen, die uns Freude machen
- Wir genießen die Momente einfach mal so, ohne sie aus der Kameraperspektive festzuhalten und teilen zu müssen
- Dieser ganze Zustand darf so lange dauern, bis wir merken, dass unsere Sucht nach Instagram/ Social Media nachgelassen hat und wir uns befreiter fühlen. (Bei mir dauert dieser Zustand weiterhin an und ich mache das jetzt schon circa fünf Monate.)
Den richtigen Umgang mit Instagram zu finden wird wohl immer ein Balanceakt sein. Wer einmal süchtig war, hat immer ein Potenzial dazu, wieder rückfällig zu werden. Deswegen ist es völlig in Ordnung, wenn man jetzt noch nicht Schritt 7, 8, 9 und 10 kennt. Die ersten Schritte sind immer die schwersten und brauchen Zeit. Was ich dir jetzt schon von mir sagen kann, ist, dass ich gar keinen Bock mehr habe, mir die ganzen Sachen auf Instagram reinzuziehen und das ich die dadurch gewonnene Zeit nicht mehr abgeben will. Ob ich das vor fünf Monaten geglaubt hätte? Never!
Und noch eine kurze Sache zum Schluss. Keine Sorge! Du bist nicht allein, wenn dir dadurch, dass du dein Nutzungsverhalten änderst, andere teilweise so richtig auf den Sack gehen, wenn sie vor einem gemeinsamen Essen alles erstmal abfotografieren müssen, damit natürlich die Follower denken, man hat ne richtig gute Zeit und das beste Essen ever. Und du bist auch nicht allein, wenn du doch einmal den Namen einer Influencerin in die Suchspalte eingibst und es nicht ausgehalten hast, nicht zu wissen, was sie gerade macht. Sei dann nicht enttäuscht von dir, sondern versuche Schritt für Schritt dein Nutzungsverhalten so zu verändern, dass du dich besser und befreiter fühlst! Ich nehme euch gerne weiterhin mit auf meine Reise und bin gespannt darauf zu erfahren, wie und ob dir der Blogeintrag geholfen hat.
Einige der Gedanken und Inspirationen haben sich für mich aus dem Lesen von Unfollow!, dem Buch von Nena Schink, ergeben. Wenn du also noch intensiver mit dem Thema beschäftigen willst, kann ich dir das Buch auf jeden Fall sehr empfehlen. Und nein, das ist jetzt kein Instagram-Werbetrick, von dem ich profitiere! Es sind Erfahrungen, die ich gemacht habe und mit denen ich dir helfen will, selbst befreiter zu leben.
Fühlt euch gedrückt!
Melli